Zwischendividenden und ausserordentliche Dividenden

Das revidierte Aktienrecht ermöglicht ab diesem Jahr die Auszahlung von
Zwischendividenden. Damit verbunden sind neue Vorschriften zu beachten.

Zwischendividende und ausserordentliche Gewinnausschüttung

Das Gesetz unterscheidet zwischen folgenden Begriffen:
Zwischendividende: Das Dividendensubstrat basiert auf dem Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres (Zwischenabschluss).
Ausserordentliche Dividende: Das Dividendensubstrat basiert auf dem (allenfalls geprüften) Bilanzgewinn des vergangenen Geschäftsjahres.

Welche Vorschriften sind bei der neuen Zwischendividende zu beachten?

Gemäss den Vorschriften des Obligationenrechts, die am 1. Januar 2023 in Kraft getreten sind, dürfen ab diesem Zeitpunkt Zwischendividenden aus dem Ergebnis des laufenden Geschäftsjahres ausgeschüttet werden. Zuvor sind jedoch einige Punkte zu beachten:

  • Dividenden dürfen erst festgesetzt werden, nachdem die Zuweisungen an die gesetzliche Gewinnreserve und an die freiwilligen Gewinnreserven erfolgt sind (Art. 675a Abs. 3 OR).
  • Der gesetzlichen Gewinnreserve sind 5 % des Jahresgewinnes zuzuweisen. Liegt ein Verlustvortrag vor, so ist dieser vor der Zuweisung an die Reserve zu beseitigen. Die gesetzliche Gewinnreserve ist zu äufnen, bis sie zusammen mit der gesetzlichen Kapitalreserve die Hälfte des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals erreicht. Holdinggesellschaften müssen die gesetzliche Gewinnreserve äufnen, bis diese zusammen mit der gesetzlichen Kapitalreserve 20 % des im Handelsregister eingetragenen Aktienkapitals erreicht (Art. 672 Abs. 1 und 2 OR).
  • Die Generalversammlung kann nur gestützt auf einen geprüften Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen (Art. 675a Abs. 1 OR).
  • Die Revisionsstelle muss den Zwischenabschluss vor dem Beschluss der Generalversammlung prüfen.
  • Auf die Prüfung des Zwischenabschlusses kann verzichtet werden, wenn alle Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger dadurch nicht gefährdet werden (Art. 675a Abs. 2 OR).
  • Auch bei der Zwischendividende ist analog zur Ausschüttung einer ausserordentlichen Dividende der Antrag zur Gewinnverwendung immer zu prüfen, ansonsten gilt der Beschluss der Generalversammlung als nichtig.
  • Die Prüfung des Zwischenabschlusses und des Antrags zur Gewinnverwendung ist zudem nicht erforderlich, wenn die Gesellschaft ihre Jahresrechnung nicht durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen muss (Opting-out).

Wie verhält es sich mit Geschäftsjahren, die im 2022 begonnen haben und deren Bilanzstichtag nach dem 1. Januar 2023 liegt? Muss die Jahresrechnung des Vorjahres von der Generalversammlung genehmigt worden sein, bevor eine Zwischendividende gemäss Art. 675a Abs. 1 OR beschlossen werden kann?

Für den Beschluss einer Zwischendividende muss eine genehmigte (und nötigenfalls geprüfte) Jahresrechnung des letzten Geschäftsjahres vorliegen, damit die Generalversammlung einen rechtskonformen Zwischenabschluss genehmigen und eine Zwischendividende festsetzen kann (Art. 675a Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 698 Abs. 2 Ziff. 5 OR).

Es ist deshalb denkbar, dass an der ordentlichen Generalversammlung zuerst die Jahresrechnung des Vorjahres und anschliessend ein Zwischenabschluss für eine Zwischendividende zur Genehmigung und Beschlussfassung unterbreitet werden.

Welche Vorschriften sind für die Ausschüttung einer ausserordentlichen Dividende zu beachten?

Neben der ordentlichen Dividende und neu der Zwischendividende besteht weiterhin auch die Möglichkeit, ausserordentliche Dividenden zu beschliessen und auszurichten. Die Gründe und Interessen dafür können dabei unterschiedlicher Natur sein (Nachfolgeregelungen, konzerninterne Bedürfnisse, Umstrukturierungen, Kapitalbedarf der Aktionäre, steuerliche Überlegungen, usw.).
Ist eine ausserordentliche Dividende geplant, gestaltet sich das Vorgehen dafür grundsätzlich analog zur ordentlichen Dividende. Der Verwaltungsrat erstellt einen Antrag über die Verwendung des Bilanzgewinns, wobei er für die Einhaltung der gesetzlichen und statuarischen Bestimmungen verantwortlich ist. Als wichtige Voraussetzung für die Ausrichtung einer ausserordentlichen Dividende müssen zwingend ausschüttbare freie Reserven (inkl. Bilanzgewinn) aus vergangenen Jahren vorhanden sein. Des Weiteren muss die Gesellschaft über ausreichend flüssige Mittel verfügen, falls eine Barauszahlung der Dividende vorgesehen ist. Die Revisionsstelle prüft diesen Antrag und erstellt zuhanden der ausserordentlichen Generalversammlung einen separaten Bericht über den Antrag des Verwaltungsrates.

Die Prüfung durch die Revisionsstelle erfolgt analog der Prüfung im Rahmen der ordentlichen Gewinnausschüttung.

Eine Reservezuweisung ist nicht mehr erforderlich, da bereits eine Zuweisung anlässlich der ordentlichen Generalversammlung vorgenommen wurde und die neuen gesetzlichen Bestimmungen keine zweite Zuweisung mehr vorsehen.

Die Beurteilung durch den Prüfer erfordert in der Regel einen aktuellen Zwischenabschluss (bestehend aus Bilanz und Erfolgsrechnung), damit sichergestellt werden kann, dass sich die Liquiditätslage seit der Prüfung der vorhergehenden Jahresrechnung nicht wesentlich verschlechtert hat oder Verluste in einer Höhe eingetreten sind, die eine Ausschüttung verunmöglichen würden.

Beschlüsse über ausserordentliche Dividenden sind ohne Vorliegen des erforderlichen Berichts der Revisionsstelle nichtig (Art. 731 Abs. 3 OR). Wurden bereits solche Dividenden ausgeschüttet, dann sind die Aktionäre zur Rückerstattung verpflichtet (Art. 678 Abs. 1 OR).

Fazit

Der Verwaltungsrat und die Generalversammlung erhalten mit der Gesetzesänderung mehr Flexibilität bei der Ausschüttung von Dividenden, zumal neu auch Zwischendividenden aus dem im laufenden Geschäftsjahr erwirtschafteten Gewinn ausgeschüttet werden dürfen. Dazu sind aber vorgängig die gesetzlichen Bestimmungen über die Zuweisung an die gesetzlichen Gewinnreserven zu beachten.

Mit der Möglichkeit zur Ausschüttung von Interimsdividenden aus dem laufenden Ergebnis steigt auch die Verantwortung des Verwaltungsrates punkto Überwachung des Geschäftsgangs und der Liquidität.

Autoren

Thomas Fankhauser
dipl. Treuhandexperte

Vincent Studer
dipl. Wirtschaftsprüfer

Lesezeit: 10 Min 19. Dezember 2023