Steuerliche Abzugsfähigkeit von Rückstellungen für Grossreparaturen sowie Einlagen in den Erneuerungsfonds bei Grundeigentum

Sinn und Zweck dieser beiden Instrumente ist die Finanzierung zukünftiger grösserer Unterhaltsarbeiten. Steuerlich kann damit der Aufwand für Grossreparaturen in den meisten Kantonen und beim Bund auf mehrere Jahre verteilt und damit progressionsvorteilhaft geltend gemacht werden. Zudem wird eine langfristige, gleichmässige finanzielle Belastung der Grundeigentümer und ein gleichmässigerer Fluss der Steuererträge angestrebt.

Massgebend für die steuerliche Beurteilung dieser Instrumente ist grundsätzlich der Ort, wo sich die Liegenschaft befindet. Folglich sind die steuerlich massgebenden, kantonal unterschiedlichen Bestimmungen zu berücksichtigen, die in der Regel auch für die Direkte Bundessteuer angewendet werden. Nachfolgend werden anhand der Berner Steuerpraxis kurz die Voraussetzungen für deren steuerlichen Abzugsfähigkeit aufgezeigt.

Rückstellungen für Grossreparaturen an Liegenschaften im Geschäftsvermögen

(Art. 15 Abs. 6 Abschreibungsverordnung BE; BSG 661.312.59)

Grundsätzlich sind für zukünftige Ereignisse wie grosszyklische Unterhaltsarbeiten (sog. Grossreparaturen) keine Rückstellungen zulässig. Kann jedoch bspw. mittels Offerten nachgewiesen werden, dass solche Erneuerungsarbeiten in naher bis mittelfristiger Zukunft tatsächlich vorgesehen sind, kann unter Berücksichtigung folgender Voraussetzungen bei Liegenschaften des Geschäftsvermögens eine Rückstellung für Grossreparaturen gebildet werden:

  • Bildung und Bestand der Rückstellung müssen in der Jahresrechnung verbucht sein.
  • Es ist eine Rückstellungsbildung von höchstens 2 % des Gebäudeversicherungswerts pro Jahr und Liegenschaft zulässig.
  • Rückstellungen können während längstens acht Jahren gebildet werden, wodurch die Rückstellung für Grossreparaturen bis zu 16 % des Gebäudeversicherungswerts betragen kann, wenn Sanierungsarbeiten in diesem Umfang tatsächlich anstehen.
  • Nach Beendigung der entsprechenden Liegenschaftsunterhaltsarbeiten sind nicht mehr benötigte Rückstellungen steuerrechtlich erfolgswirksam aufzulösen.
  • Allfällige wertvermehrende Aufwendungen sind auszuscheiden und auf dem Liegenschaftskonto zu aktivieren.
  • Grundsätzlich ist die Rückstellung im 9. Jahr aufzulösen, wenn auf die Ausführung der Arbeiten verzichtet wird. Kann nachgewiesen werden, dass sich die Sanierung aus Gründen verzögert, die vom Steuerpflichtigen nicht zu verantworten sind, kann die Rückstellung auf Antrag auch länger beibehalten werden.

Einlagen in den Erneuerungsfonds im Privatvermögen

(Art. 1 Abs. 1 Bst. d Liegenschaftskostenverordnung; VUBV; BSG 661.312.51)

Einlagen in den Erneuerungsfonds von Stockwerkeigentümergemeinschaften für Grundeigentum im Privatvermögen sind vergleichbar mit den Rückstellungen für Grossreparaturen im Geschäftsvermögen. Im Gegensatz zu diesen ist es jedoch nicht erforderlich, dass Erneuerungsarbeiten in naher bis mittelfristiger Zukunft tatsächlich vorgesehen sind. Unter Berücksichtigung folgender Voraussetzungen können diese als Liegenschaftsunkosten in Abzug gebracht werden.

  • Es liegt eine Stockwerkeigentumsgemeinschaft (STWEG; Art. 712a ff ZGB) vor. Mit- oder Gesamteigentümergemeinschaften sind nicht zur Führung eines gesetzlichen Erneuerungsfonds berechtigt (Umkehrschluss aus Art. 1 Abs. 1 Bst. d VUBV).
  • Periodische Beiträge in den Erneuerungsfonds müssen in einem Stockwerkeigentümerreglement vorgesehen und klar geregelt sein.
  • Beiträge werden tatsächlich auf ein auf die STWEG lautendes Bankkonto einbezahlt.
  • Reglementarisch ist sichergestellt, dass die Mittel des Erneuerungsfonds einzig zur Bestreitung von Unterhaltskosten für die Gemeinschaftsanlagen verwendet werden können.

Weiter ist zu beachten, dass das Fondsvermögen und der Ertrag aus diesem anteilmässig durch die einzelnen Stockwerkeigentümer deklariert und versteuert werden muss.

Die Unterhaltskosten sind bei der späteren Ausführung der Arbeiten zwingend der Rückstellung bzw. dem Erneuerungsfonds zu belasten. Entsprechend können bei der Ausführung, sofern die tatsächlichen Kosten die hierfür bereitgestellten Mittel nicht übersteigen, keine zusätzlichen Unterhaltskosten mehr geltend gemacht werden.

Soweit scheint alles klar. Doch was ist, wenn in einem Jahr keine Rückstellung gebildet worden ist? Kann diese nachgeholt werden? Oder was geschieht mit dem Erneuerungsfonds, wenn ein Liegenschaftsverkauf ansteht?

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Autor

Roger Werren
dipl. Steuerexperte

Lesezeit: 5 Min 3. Juli 2023