Was passiert nach der MWST-Kontrolle?

Am letzten Tag der MWST-Kontrolle findet üblicherweise die Schlussbesprechung mit der Revisorin oder dem Revisor der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Hauptabteilung MWST (ESTV), statt. Im Rahmen der Besprechung werden das Kontrollergebnis abgegeben und allfällige Aufrechnungspunkte erläutert. Was sind die nächsten Schritte bis zur Einleitung eines formellen Rechtsmittelverfahrens?

Das Kontrollergebnis ist lediglich eine Vorabinformation, aus der die vorgenommenen Korrekturen sowie die Steuerforderungen über die kontrollierten Steuerperioden ersichtlich sind. In der Regel vergehen danach mehrere Wochen, bis die sogenannte Einschätzungsmitteilung (EM) zugestellt wird. In den allermeisten Fällen entspricht die definitive Steuerkorrektur dem provisorischen Ergebnis. Die EM enthält zudem eine kurze Begründung der vorgenommenen Korrekturen.

Die EM stellt keine Verfügung dar. Der Gesetzgeber hat bewusst ein zweistufiges Verfahren vorgesehen, in dem entsprechend dem Selbstveranlagungsprinzip zunächst in einem informellen Verfahren ein Dialog zwischen der ESTV und der steuerpflichtigen Person erfolgt und erst bei Uneinigkeit ein Verfügungsverfahren eröffnet wird. Praxis und Doktrin qualifizieren die EM als sogenanntes Verfügungssurrogat. Dies hat zur Folge, dass sie – anders als eine Verfügung – nicht innert einer bestimmten Rechtsmittelfrist angefochten werden muss, um den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern. Nur durch ausdrückliche schriftliche Anerkennung oder vorbehaltlose Bezahlung erwächst sie in Rechtskraft, nicht aber durch Inaktivität der steuerpflichtigen Person
( BGE 2C_326/2016 vom 24.11.2026).

Davon gibt es allerdings eine wichtige Ausnahme, nämlich wenn die steuerpflichtige Person zwischen Ausstellen des Kontrollergebnisses und Erhalt der EM bereits eine vorbehaltlose Zahlung der Steuerforderung getätigt oder die Forderung schriftlich anerkannt hat. Diesfalls muss die steuerpflichtige Person innerhalb von 30 Tagen tätig werden, um den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern. Dies kann sie tun, indem sie die EM rechtzeitig anfechtet und dadurch ihre Handlung «rückgängig» macht. Einzig in einem solchen Fall ist im Zusammenhang mit einer EM eine 30-tägige Frist zu beachten. Um gar nicht erst in diese Situation zu gelangen, empfehlen wir, nach Erhalt des Kontrollergebnisses, Zahlungen ausschliesslich unter Vorbehalt zu tätigen. Der Vorbehalt kann nach sorgfältiger Prüfung der EM jederzeit zurückgezogen werden. Aus demselben Grund sollte bis zum Erhalt der EM und deren Prüfung auch keine schriftliche Anerkennung erfolgen.

Resultiert aus der MWST-Kontrolle ein Nullergebnis oder ein Ergebnis zu Gunsten der steuerpflichtigen Person und ist Letztere damit einverstanden, kann die Rechtskraft der kontrollierten Steuerperioden durch explizite Anerkennung geschaffen werden. Wir empfehlen in diesem Fall, die schriftliche Anerkennung per Einschreiben der ESTV zukommen zu lassen.

Ist die steuerpflichtige Person mit dem Ergebnis gemäss EM nicht einverstanden, kann sie mit der ESTV in den vorerwähnten Dialog eintreten. Festzuhalten gilt es allerdings, dass nach Ausstellen der EM selten mündliche Besprechungen mit der ESTV stattfinden und – wenn überhaupt – ein schriftlicher Austausch erfolgt. In der Regel erschöpft sich der Dialog in einem Scheiben der steuerpflichtigen Person an die ESTV (sogenannte «Bestreitung»), in dem dargelegt wird, mit welchen Punkten der Aufrechnung man sich nicht einverstanden erklären kann und die Bestreitung kurz begründet wird. Wie erwähnt ist die Bestreitung grundsätzlich an keine Frist gebunden. Die ESTV wird aber vermutlich nach einigen Wochen nachhaken, ob die steuerpflichtige Person mit der EM einverstanden ist und früher oder später Inkassomassnahmen einleiten, sofern weder eine Bestreitung noch eine Bezahlung erfolgt.

Nach der Bestreitung dürften einige Monate vergehen, bis die ESTV die einsprachefähige Verfügung erlässt. Aber spätestens zwei Jahre nach Erlass der EM wird der steuerpflichtigen Person die Verfügung zugehen, da andernfalls die relative Festsetzungsverjährung eintritt, was zur Folge hätte, dass das Ergebnis gemäss Selbstveranlagung in Rechtskraft erwächst.

Die Verfügung kann innerhalb von 30 Tagen mittels Einsprache bei der ESTV angefochten werden. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die nicht verlängerbar ist. Der Fristenlauf beginnt am Tag nach der Zustellung der Verfügung. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die ESTV ihre Verfügungen mittels dem Verfahren
«A-Post-Plus» versendet. Wird die Verfügung beispielsweise an einem Samstag in ein Postfach gelegt, dieses aber erst am Montag geleert, gilt trotzdem der Samstag als Datum der Zustellung. Wird die Frist nicht eingehalten, wird auf die Einsprache nicht eingetreten. Es empfiehlt sich deshalb, die Fristenberechnung mit der notwendigen Sorgfalt durchzuführen.

Autorin

Susanne Gantenbein
dipl. Steuerexpertin

Lesezeit: 5 Min 28. August 2023