Wenn die Vermittlung zum Eigengeschäft wird

Leistungen im Bereich der „Vermittlung“ sorgen aus MWST-Optik in Mehrparteienverhältnissen immer wieder für unliebsame Überraschungen. Die Praxis zeigt, dass insbesondere Tätigkeiten auf Provisionsbasis von den involvierten Parteien wirtschaftlich oft als eine vermeintliche Vermittlung betrachtet, mehrwertsteuerlich allerdings nicht mit der gebotenen Sorgfalt umgesetzt wer-den. Anhand des nachfolgenden Fallbeispiels beleuchten wir die Thematik:

Beispiel

Fallbeispiel Die Mittler GmbH ist im EDV-Bereich für regionale KMU tätig und rechnet die MWST nach Saldosteuersatz ab. Seit 2018 unterstützt sie nebenbei die ausländische T-SA beim Markteintritt mit deren Software für Dokumentenmanagement wie folgt:

  • Akquisition (mehrwertsteuerpflichtiger) KMU.
  • Entscheidet sich ein KMU für den Erwerb der Software, nimmt die Mittler GmbH die Bestellung entgegen und leitet diese 1:1 an die T-SA weiter.
  • Lokale Fakturierung der Software gegenüber dem KMU (zzgl. 7.7 % MWST) und Überweisung dieser Kundenzahlung (ohne 7.7 % MWST) an die T-SA.
  • Die Software wird via Fernzugriff von der T-SA beim Kunden installiert und getestet.
  • Als lokale Schnittstelle erhält die Mittler GmbH halbjährlich eine Provision pro Bestellung von der ausländischen T-SA mittels Gutschrift (exkl. MWST/VAT).

Inwiefern die Mittler GmbH mit ihrer vermeintlichen Vermittlungstätigkeit zu Gunsten der T-SA mehrwertsteuerlichen rückwirkende Korrekturen und zukünftige Änderungen vornehmen muss, ist von der konkreten Ausgestaltung des Sachverhalts abhängig. In erster Linie stellt sich die Frage, wem welche Leistung mehrwertsteuerlich zuzuordnen ist: eine Leistung gilt i.d.R. immer als von derjenigen Person erbracht, die nach aussen als Leistungserbringerin auftritt.

Variante 1 – indirekte Stellvertretung

Sofern im Fallbeispiel

  • die Mittler GmbH die Bestellungen entgegen-nimmt,
  • Vertragskonditionen in eigenem Namen bestätigt, und
  • die Software in eigenem Namen an das KMU fakturiert, während
  • die T-SA gegenüber dem KMU mit Ausnahme der Installation via Fernzugriff nicht weiter in Erscheinung tritt,

sind die Softwaredienstleistungen vollumfänglich der Mittler GmbH zuzuordnen. Für das Dreiparteienverhältnis bedeutet dies, dass das Leistungsverhältnis zwischen der nach aussen auftretenden Mittler GmbH und der die eigentliche Leistung erbringenden T-SA gleich qualifiziert wird, wie das Leistungsverhältnis zwischen der nach aussen auftretenden Mittler GmbH und dem leistungsempfangenden KMU:

  • Die Mittler GmbH fakturiert dem KMU die Softwaredienstleistung zu Recht in eigenem Namen mit 7.7 % MWST und muss diese Leistung gegen-über der ESTV mit dem entsprechend anwendbaren Saldosteuersatz abrechnen.
  • Die Mittler GmbH muss auf der Zahlung an die T-SA für die Softwaredienstleistung die Bezug-steuer von 7.7 % gegenüber der ESTV abrechnen. Sie hat diesbezüglich aufgrund der Saldosteuersatzmethode keinen Vorsteuerabzug und kann lediglich noch die tiefere Provision (5 %) für die abgerechnete Bezugsteuer als Entgeltsminderung berücksichtigen, womit ein Verlustgeschäft resultiert. Ein freiwilliger rückwirkender Wechsel zur effektiven Abrechnungsmethode ist ausgeschlossen.

Variante 2 – direkte Stellvertretung

Sofern im Fallbeispiel

  • die Mittler GmbH für das KMU erkennbar die Bestellung stellvertretend für die T-SA entgegen-nimmt,
  • Vertragskonditionen im Namen der T-SA bestätigt (oder durch diese bestätigen lässt) und
  • die Software im Namen und auf Rechnung der T-SA an das KMU fakturiert (und somit lediglich das Inkasso abwickelt),

sind die Softwaredienstleistungen mehrwertsteuerlich vollumfänglich der T-SA zuzuordnen. Für das Dreiparteienverhältnis bedeutet dies, dass der Mittler GmbH als Leistungserbringern tatsächlich nur die Vermittlungsleistungen auf Provisionsbasis zuzurechnen sind:

  • Die Mittler GmbH hat aufgrund der Gutschrift der T-SA (Provision) keine MWST zu deklarieren, ihre Vermittlungsleistung gilt als im Ausland erbracht.
  • Die Faktura der T-SA an das steuerpflichtige KMU (durch die Mittler GmbH in deren Namen auf deren Rechnung ausgestellt), erfolgt ohne MWST. Das KMU hat seinerseits die Bezugsteuer von 7.7 % abzurechnen und ist im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Für die zurückliegenden Steuerperioden ab 2018 und unter Berücksichtigung der Saldosteuersatzmethode müsste die Mittler GmbH ggf. daher die irrtümlich in eigenem Namen und mit MWST ausgestellten Fakturen an die KMU nach Art. 27 MWSTG korrigieren.

Fazit

Wie das Fallbeispiel zeigt, können Sie mit einer wohlüberlegten Gestaltung der vertraglichen Verhältnisse und der tatsächlichen Tätigkeiten im Mehrparteienverhältnis zeitintensive nachträgliche Korrekturen und unnötige MWST-Belastungen proaktiv vermeiden.

Makedon Jenni
lic.rer.pol.