Verzugszinsen – Vermeiden eines Ärgernisses

MWST-Pflichtige haben grundsätzlich innert 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode über die Steuerforderung abzurechnen und eine allfällige Steuerforderung zu begleichen. Bei verspäteter Zahlung ist ein Verzugszins geschuldet. Verzugszinsen können nicht nur auf der Inland- und Bezugsteuer, sondern auch bei Einfuhrsteuersachverhalten entstehen. Aus verfahrensrechtlicher Sicht ist vorab hervorzuheben, dass Verzugszinsen im Gegensatz zum Privatrecht ohne Mahnung anfallen. Dabei spielt es keine Rolle, weshalb die Zahlung der Steuerforderung verspätet erfolgt.

Zwar sind Verzugszinsen bei der MWST nicht als „Strafe“ zu verstehen, dennoch ist festzustellen, dass der entsprechende Zinssatz seit nun 10 Jahren bei 4 % pro Jahr liegt (COVID-19-bedingte Ausnahme vom 20.3.-31.12.2020 mit 0 %)! Als unerwartet teures Geld erweist sich das Aufkumulieren von Verzugszinsen, wenn über mehrere Jahre die MWST nicht korrekt abgerechnet wird. Das MWST-Recht kennt keine jährliche Veranlagung, weshalb sich Abrechnungsfehler auch in hohen Zinsschulden widerspiegeln können. Dies bestätigt sich insbesondere bei der rückwirkenden Eintragung in das MWST-Register oder bei Steueraufrechnungen im Rahmen einer MWST-Kontrolle, die typischerweise mehrere Steuerperioden umfasst. Die Verzugszinsen berechnen sich in solchen Fällen auf dem sog. mittleren Verfall.

Da die Verzugszinspflicht mit der Zahlung einer MWST-Forderung endet, lässt sich der Verzugszinslauf stoppen oder gänzlich vermeiden. Ist beispielsweise die Einreichung einer MWST-Abrechnung nicht fristgerecht möglich, lassen sich durch Bezahlung der voraussichtlichen Steuerschuld Verzugszinsen abwenden. Ebenso ist im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens mit unsicherem Ergebnis zu überlegen, ob die strittige Steuerschuld zwecks Unterbrechung des Verzugszinslaufs mit entsprechendem Vorbehalt bezahlt werden soll. Aus Gründen der Vollständigkeit sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass Zinsbeträge unter CHF 100 nicht erhoben werden.

Wie erwähnt, entsteht die Pflicht zur Entrichtung eines Verzugszinses grundsätzlich mit der zu spät erfolgten Zahlung. Eine diesbezügliche Ausnahme statuiert der Gesetzgeber in Art. 87 Abs. 2 MWSTG:
„Kein Verzugszins ist geschuldet bei einer Nachbelastung, wenn diese auf einem Fehler beruht, der bei richtiger Abwicklung beim Bund zu keinem Steuerausfall geführt hätte.“
Der Sinngehalt dieser Regelung ist interpretationsbedürftig und deren Anwendungsbereich gemäss Verwaltungspraxis relativ eng. Nach Lesart der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Bestimmung so zu verstehen, dass dem Bund – wäre der Steuerausfall aufgrund der Angaben des MWST-Pflichtigen korrekt abgewickelt worden – trotz des Fehlers kein Steuerausfall entstanden wäre.

Aus praktischer Sicht müsste die Ausnahme der Verzugszinsschuld in folgenden Konstellationen greifen, dies unabhängig davon, ob es zu mehrwertsteuerlichen Aufrechnungen kommt oder nicht:

  • ein MWST-Pflichtiger kann nachweisen, dass dem Bund infolge Nichteinhaltung einer Formvorschrift kein Steuerausfall erwächst;
  • der zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte MWST-Pflichtige unterlässt es, die Bezugsteuer zu deklarieren;
  • die Verrechnungsgeschäfte zwischen zwei zum vollen Vorsteuerabzug berechtigten MWST-Pflichtigen werden irrtümlicherweise nicht bruttomässig dargestellt;
  • ein Unternehmen wird rückwirkend ins Register der MWST-Pflichtigen eingetragen und hat steuerbare Leistungen ohne MWST an zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte MWST-Pflichtige in Rechnung gestellt;
  • ein MWST-Pflichtiger realisiert die Steuerbarkeit seiner Leistungen nicht und verrechnet diese ohne MWST an zum vollen Vorsteuerabzug berechtigte MWST-Pflichtige.

Je nach Konstellation ist es nicht immer einfach, den Nachweis zu erbringen, dass dem Bund kein Steuerausfall entstanden ist.

Verzugszinsen auf MWST-Schulden sind ärgerlich und im gegenwärtigen Zinsumfeld relativ hoch. Erfahrungen zeigen, dass die Ausnahmeregelung zur Vermeidung von Verzugszinsen gemäss Art. 87 Abs. 2 MWSTG selten Anwendung findet resp. zu selten angerufen wird. Insbesondere bei MWST-Kontrollen mit MWST-Aufrechnungen seitens Steuerbehörde oder bei einer rückwirkenden Eintragung ins MWST-Register lohnt es sich, die Ausnahmeregelung vertieft zu prüfen.

Merkpunkte für die Vermeidung oder Minimierung von Verzugszinsen

  • Fristgerechte Zahlung einer voraussichtlichen MWST-Schuld (beispielsweise auch bei einer verspäteten Einreichung einer MWST-Abrechnung)
  • Zahlung einer strittigen MWST-Schuld im Rahmen einer Rechtsmittelverfahrens mit entsprechendem Vorbehalt
  • Ausnahmeregelung nach Art. 87 Abs. 2 MWSTG prüfen und gegebenenfalls anwenden

Makedon Jenni
lic.rer.pol.