Leistungen zwischen eng verbundenen Personen sorgen aus MWST-Optik regelmässig für Gesprächsstoff. Zum einen ist festzustellen, dass die Definition der „engen Verbundenheit“ im Sinne von Art. 3 Bst. h MWSTG sehr weit gefasst ist und unterschiedlich interpretiert wird. Zum anderen zeigt die Praxis, dass deren Folgen gar nicht immer erkannt werden. So werden Leistungs-Verhältnisse mehrwertsteuerlich zwar abgebildet, jedoch nicht zum Preis wie für Dritte (Drittpreisproblematik). Andere Leistungsverhältnisse wiederum werden als solche gar nicht erkannt, wenn kein Entgelt fliesst. Im Rahmen von MWST-Kontrollen der Steuerbehörde geben insbesondere auch in kleineren Unternehmensgruppen Leistungen im Zusammenhang mit der (strategischen) Führung der Unternehmensgruppe Anlass zu Mwst-Auf-Rechnungen. Gerne beleuchten wir die Thematik anhand des nachfolgenden Fallbeispiels.
Beispiel
Die Muttergesellschaft A-AG mit Sitz in der Schweiz kontrolliert und hält die Beteiligungen an 3 Tochtergesellschaften im Baunebenbereich. Sie generiert Beteiligungserträge sowie Zins- und Wertschriftenerträge.
Das durchschnittliche Vermögen der A-AG beträgt CHF 50 Mio. Mangels obligatorischer MWST-Pflicht hat sich die A-AG nicht ins Register der MWST-Pflichtigen eintragen lassen. Die A-AG verfügt über kein eigenes Personal und über keine Infrastruktur. Die Buchführung für die A-AG erfolgt durch einen Treuhänder für CHF 10’000 exkl. 7.7 % MWST, das Aktienregister führt ein Notar für CHF 5’000 exkl. 7.7 % MWST pro Jahr. Weitere administrative Tätigkeiten (wie Vorbereitung Verwaltungsratssitzungen, strategische Führung) werden von der Tochtergesellschaft B-AG jährlich pauschal mit CHF 20’000 zzgl. 7.7 % MWST der A-AG gegenüber in Rechnung gestellt. Diesbezügliche Details oder Nachweise liegen nicht vor.
Im Rahmen einer MWST-Kontrolle bei B-AG kommt die ESTV zum Schluss, dass die Tochtergesellschaft Auf-gaben für die Muttergesellschaft übernommen hat und die tatsächlich verrechneten Leistungen dem Drittpreisvergleich nicht standhalten. Die ESTV rechnet deshalb diese sog. Shareholder-Costs für die Führung der Unternehmensgruppe wie folgt auf:
Dienstleistungen für die strategische Führung
0.3 % der durchschnittlichen Bilanzsumme CHF 150’000
abzgl. anrechenbarer Verwaltungsleistungen Dritter und B-AG CHF 35’000
Zusätzliche Leistungen durch B-AG netto CHF 115’000
+ 7.7 % MWST CHF 8’855
Zusätzliche Leistungen durch B-AG brutto CHF 123’855
Die bei der B-AG aufgerechnete MWST von CHF 8’855 bezieht sich auf ein Steuerjahr. Im Rahmen einer MWST-Kontrolle werden regelmässig sämtliche noch nicht verjährten Steuerperioden geprüft. Mangels MWST-Registrierung kann die A-AG auch bei einer entsprechenden Verrechnung keinen Vorsteuerabzug vornehmen.
Die dargestellte MWST-Problematik liesse sich durch folgende Massnahmen entschärfen oder sogar lösen:
- Durch die (freiwillige) MWST-Registrierung der A-AG. Wir weisen in diesem Zusammenhang da-rauf hin, dass die A-AG aufgrund ihrer unternehmerischen Tätigkeit ein Vorsteuerabzugsrecht besitzt;
- Durch die Bildung einer MWST-Gruppe;
- Mittels Aufzeichnungen oder sonstiger Nachweise betreffend die effektiv in einem tieferen Ausmass erbrachten Leistungen. In diesem Zusammenhang gilt es nämlich zu vermerken, dass die von der ESTV vorgenommene Ermittlung des Wertes der Shareholder-Costs nur annäherungsweise erfolgt;
- Gemäss Verwaltungspraxis kann in begründeten Fällen, beispielsweise bei Familiengesellschaften, eine Pauschale von 0.2 % statt 0.3 % (vgl. zuvor) angewendet werden.
Fazit / Empfehlung
Leistungen zwischen eng verbundenen Personen sind nicht nur aus direktsteuerlicher Sicht, sondern auch mehrwertsteuerlich zu überprüfen. Werden keine Leistungen in Rechnung gestellt, bedeutet dies nicht, dass auch keine entgeltliche Leistung im MWST-Sinn vorliegt. Ebenso muss ein Verzicht auf eine MWST-Registrierung nicht von Vorteil sein.