Immobilien schenken mit Nutzniessungsvorbehalt – immer eine gute Idee?

Viele Eltern wollen ihre Immobilie zu Lebzeiten an ihre Kinder übertragen – oft aus steuerlichen oder erbrechtlichen Gründen.

Ein beliebtes Modell: Schenkung mit Nutzniessungsvorbehalt. Die Eltern bleiben lebenslang im Haus wohnen oder vereinnahmen die Miete, während die Kinder schon Eigentümer sind. Das klingt nach einer Win-Win-Situation – aber es gibt Fallstricke.

Warum ist es ein beliebtes Modell? 

  • Steuerlich attraktiv: Die Kinder sind zwar Eigentümer, aber werden steuerlich nicht belastet.
  • Erbrechtlich klar: Streit unter Erben wird oft vermieden.
  • Emotionale Sicherheit: Eltern behalten Nutzungsrecht und sind für die Liegenschaft verantwortlich.

Der Haken im Pflegefall 

Kommt es später zu einem Heimaufenthalt, bleibt die Nutzniessung als Vermögenswert bestehen.

Das kann zu Problemen führen:

1. Ergänzungsleistungen (EL)

  • Die Behörden rechnen den Ertrag aus der Nutzniessung als Einkommen an – auch wenn das Geld gar nicht real verfügbar ist (z. B. weil es selbst genutzt wird und keine Mieteinnahmen fliessen).
  • Das kann den Anspruch auf EL reduzieren oder gar verhindern.

2. Liquiditätsengpass

  • Auch wenn kein weiteres Vermögen oder Einkommen vorhanden ist, müssen die Heimkosten trotzdem gedeckt werden.
  • Oft bleibt deshalb nur, die Liegenschaft zu verkaufen oder den Kindern die Rückübertragung abzuverlangen, was mit erheblichen Steuerfolgen verbunden sein kann.

3. Rückforderung von Schenkungen

  • Schenkungen können bei EL-Anträgen als sog. „Verzichtsvermögen“ behandelt werden – auch bei Nutzniessungsvorbehalt. Es gibt keine Verjährung von Schenkungen. Der geschenkte Betrag reduziert sich jährlich lediglich um CHF 10’000.

Alternativen zur klassischen Nutzniessung

  • Verkauf (zu einem evtl. reduzierten Wert) + Mietvertrag: gibt Liquidität für Pflegekosten.
  • Wohnrecht statt Nutzniessung: weniger Einkommen anrechenbar, aber weniger flexibel.
  • Verkauf gegen Leibrente: Eltern erhalten gesicherte Zahlungen.
  • Stufenweise Übertragung: reduziert Schenkungsrisiken bei EL.

Fazit

Die Schenkung mit Nutzniessungsvorbehalt ist nicht in jedem Fall sinnvoll. Sie kann zielführend sein, wenn genügend liquide Mittel für Pflegekosten vorhanden sind und kein EL-Bezug droht.

Wer jedoch über wenig übriges Vermögen verfügt, sollte diese Gestaltung kritisch prüfen – sonst droht im Pflegefall ein finanzieller Bumerang.

🔍 Unser Tipp: Jede Übertragung von Liegenschaften sollte mit Blick auf Steuern, EL-Regeln und Erbrecht frühzeitig und gut geplant werden – am besten mit professioneller Beratung.

Autorin

Nicole Siegenthaler
Fachfrau im Finanz- und Rech-nungswesen mit eidg. Fach- ausweis

Lesezeit: 5 Min 19. August 2025