Unterstützungsmassnahmen zur Liquiditätsentlastung

Unabhängig von den politischen Unterstützungsmassnahmen lassen sich auch dem MWST-Recht diverse Instrumente entnehmen, die der Liquiditätsentlastung dienen können. Gerne möchten wir Ihnen dazu Folgendes in Erinnerung rufen:

  • Zahlungserleichterungen: Die Fristen für die Steuererhebung sind trotz Verzicht auf Verzugszinsen einzuhalten. So hat der MWST-Pflichtige zwar grundsätzlich innert 60 Tagen nach Ablauf der Abrechnungsperiode die in diesem Zeitraum entstandene Steuerforderung zu begleichen. Via “ESTV SuisseTAX” oder Website der Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) kann allerdings die Abrechnungs- und Zahlungsfrist derzeit kostenlos und ohne Begründung um drei Monate nach Fälligkeit verlängert wer-den. Ist die Zahlung mit einer erheblichen Härte verbunden, kann die ESTV darüber hinaus Zahlungserleichterungen in Form einer Erstreckung der Zahlungsfrist oder von Ratenzahlungen gewähren. Um in den Genuss von Zahlungserleichterungen zu gelangen, sind somit (weiterhin) begründete Gesuche zu Handen der ESTV erforderlich (vgl. Art. 90 Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer [MWSTG]).
  • Steuererlass: Im Rahmen des MWST-Verfahrens kann die ESTV die rechtskräftig festgesetzte MWST ganz oder teilweise erlassen, wenn gewisse Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Ebenso besteht die Möglichkeit eines Steuererlasses im Bereich der Einfuhrsteuer.
  • Vorsteuerüberhang: Ergibt sich aus der MWST-Abrechnung ein Überschuss zu Gunsten des MWST-Pflichtigen (typischerweise aus einem Vorsteuerüberhang), so wird dieses Guthaben in aller Regel von der ESTV auch ausbezahlt. Erfahrungsgemäss erfolgt die Zahlung seitens ESTV jedoch erst 60 Tage nach Eintreffen der MWST-Abrechnung; dies zwecks Vermeidung eines Vergütungszinses (4 % p.a.), welcher ab dem 61. Tag nach Eintreffen der MWST-Abrechnung bei der ESTV vergütet wird. Für die vorzeitige Rückerstattung von Vorsteuergut-haben bedarf es eines Gesuchs an die ESTV. Ob-wohl sich die ESTV um eine speditive Prüfung und eine rasche Auszahlung der Vorsteuerguthaben bemüht, ist aufgrund der gegenwärtigen Lage offen, ob deklarierte Vorsteuerüberschüsse deutlich vor Ablauf der 60-Tage-Frist ausbezahlt werden. So oder so empfiehlt es sich, das MWST-Guthaben aus einer Abrechnungsperiode so früh wie möglich zu deklarieren. In diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen möchten wir deshalb die Möglichkeit der monatlichen MWST-Abrechnung, sofern regelmässig Vorsteuerüberschüsse zu verzeichnen sind.
  • Verlagerungsverfahren: Bei der ESTV registrierte MWST-pflichtige Importeure, die nach der effektiven Methode abrechnen, können die auf der Einfuhr von Gegenständen geschuldete MWST, statt sie der Eidg. Zollverwaltung (EZV) zu entrichten, in der periodischen MWST-Abrechnung mit der ESTV deklarieren und gleichzeitig den Vorsteuerabzug tätigen. Dieses sog. Verlagerungsverfahren kann insbesondere dann bewilligt werden, sofern der MWST-Pflichtige regelmässig Gegenstände ein- und ausführt und sich daraus regelmässig Vorsteuerüberschüsse im Umfang von mehr als CHF 10’000 pro Jahr ergeben. Durch die Verlagerung der Steuerentrichtung kann eine Vorfinanzierung der Einfuhr-steuer vermieden werden.

Die behördlichen Corona-Massnahmen haben zwangsläufig auch Auswirkungen auf bestehende Lieferketten und Dienstleistungsverhältnisse. Aktuell sind deshalb in der Beratungspraxis folgende Themen und damit verbundene MWST-Fragen von Interesse:

  • Temporäre Reduktion des Mietzinses: Sofern ein Vermieter von Geschäftsräumen im Mietvertrag die MWST-Option ausweist, muss er anlässlich der Gewährung einer temporären Mietzinsreduktion darauf achten, hierfür zeitnah auch die korrigierenden MWST-konformen Rechnungen oder Belege mit Bezug auf den Mietvertrag auszustellen, damit die im Mietvertrag auf dem Mietentgelt ausgewiesene Steuer nicht geschuldet bleibt.
  • Entgeltsminderung oder Schadenersatz: Werden vertraglich vereinbarte Leistungen vom Leistungserbringer nicht vollständig, zu spät oder überhaupt nicht erbracht bzw. vom Leistungsempfänger angenommen, so führt dies in der Regel zu einem zusätzlichen Geldzahlungsfluss. Im Zusammenhang mit solchen Entschädigungen ist für MWST-Zwecke immer zu unterscheiden, ob es sich um eine Entgeltminderung (bspw. Preisnachlass aufgrund Schlechterfüllung oder Terminbusse) oder um ein Nicht-Entgelt handelt (bspw. Mängelfolgeschaden oder Verspätungsschaden). Handelt es sich bei der Entschädigung um eine Entgeltsminderung, so haben beide Vertragspartner ihre Umsatz- bzw. Vorsteuerposition entsprechend zu korrigieren. Das Nicht-Entgelt hingegen deklariert nur der Zahlungsempfänger unter Ziff. 910 seiner MWST-Abrechnung.
  • Delkredere und Debitorenverlust: Delkredere sind mehrwertsteuerlich unbeachtlich, auch wenn die Wertberichtigung auf Einzelforderungsbasis vorgenommen wird und nachweislich begründet ist. Erst anlässlich des definitiven Ausfalls der (Rest-)Forderung darf das Unternehmen umsatzsteuerlich eine Entgeltsminderung gegenüber der ESTV geltend machen. Besondere Beachtung ist hierbei dem Um-stand zu schenken, dass die ursprüngliche MWST-Forderung gegebenenfalls auch zu einem späteren Zeitpunkt nochmals vollumfänglich aufleben kann.

Makedon Jenni
lic.rer.pol.