Kurzarbeit und Erwerbsersatzentschädigung in Zeiten von Corona

Während der Corona-Krise (COVID-19) gibt es viele Unsicherheiten und rasche Änderungen, sei dies bezüglich der Empfehlungen des Bundes, bei der Beantragung von Kurzarbeit oder bei der Erwerbsersatzentschädigung. Mit dem am 16. März 2020 verordneten Lockdown mussten viele Geschäfte schliessen. Der daraus resultierende Arbeits- und Umsatzausfall von Arbeitnehmenden konnte teilweise abgefedert werden, dank einem bestehenden Instrument – der Kurzarbeitsentschädigung. Wir werfen einen Blick zurück und zeigen Aktuelles auf (Stand Mitte August 2020, Änderungen vorbehalten).

Wirkung der Kurzarbeit

Der Zweck der Kurzarbeitsentschädigung liegt darin, dass Entlassungen vermieden und Arbeitsstellen somit gesichert werden können. Voraussetzungen sind, dass der Arbeitsausfall vorübergehend ist und andere Massnahmen eine Entlassung nicht verhindern würden. In einer Studie der Konjunkturforschungsstelle (KOF / ETH Zürich) von 2017 wurde erstmals nachgewiesen, dass das Instrument der Kurzarbeit effektiv Entlassungen verhinderte. Die statistischen Analysen ergaben, dass Unternehmungen mit einem bewilligten Antrag für Kurzarbeit in den drei folgenden Jahren weniger Entlassungen aussprachen als Unternehmungen, denen die Kurzarbeitsentschädigung nicht gewährt wurde. Verglichen mit der ursprünglichen Beschäftigung reduzierte ein bewilligter Antrag die Entlassungen um mindestens 10 %. Gemäss Schätzungen der Studienautoren dürften zwischen 2009 und 2015 die erzielten Einsparungen an Arbeitslosengeldern genug gross gewesen sein, um die direkten Ausgaben der Kurzarbeitsentschädigung zu decken.

Statistik über die Kurzarbeit

Daten des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO zeigen, dass zwischen den Jahren 2000 bis 2008 nur einige hundert Arbeitnehmende pro Monat von Kurzarbeit betroffen waren. Erst während der Finanzkrise waren beispielsweise im Mai 2009 rund 4’800 Betriebe mit über 92’000 Arbeitnehmenden betroffen. Rund 4.8 Millionen ausgefallene Arbeitsstunden wurden im entsprechenden Monat erfasst. Im Vergleich zu den aktuellen provisorischen Daten des SECO sind diese noch milde. Für den April 2020 rechneten über 130’000 Betriebe Kurzarbeit für fast 1.1 Millionen Arbeitnehmende mit mehr als 90 Millionen Arbeitsstunden ab (Stand 10. August 2020). Dies sind mehr als doppelt so viele Arbeitsstunden wie im gesamten Jahr 2009. Damals waren es rund 42 Millionen.

Die nachstehende Grafik zeigt die ausgefallenen Arbeitsstunden in den Jahren 2000 bis 2019 und in den Monaten März bis Mai 2020.

Daten vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Stand 10.08.2020

Verfahren Kurzarbeitsentschädigung

Innert wenigen Tagen nach dem Ausruf der ausserordentlichen Lage wurden die notwendigen Formulare und der Prozess zur Beantragung von Kurzarbeit laufend vereinfacht. Arbeitgeber haben einen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung für diejenigen Arbeitnehmenden, die die obligatorische Schulzeit zurückgelegt und das AHV-Rentenalter noch nicht erreicht haben sowie in einem ungekündigten Anstellungsverhältnis stehen. Die Entschädigung für ausgefallene Arbeitsstunden beträgt 80 % der Lohnsumme. Für die Berechnung ist die AHV-pflichtige Lohnsumme relevant, dabei werden sowohl der Anteil am 13. Monatslohn als auch eine allfällige Gratifikation miteinbezogen. Der Höchstbetrag des versicherten Lohns beträgt CHF 12’350.00 pro Monat.

Bis zum 31. Mai 2020 hatten zudem Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung (Gesellschafter, Aktionäre und mitarbeitende Ehegatten), die in der Unternehmung beschäftigt sind, und Lernende einen Anspruch auf eine Kurzarbeitsentschädigung. Bei Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung betrug die maximale Entschädigung bei einer Vollzeitbeschäftigung und einem 100 %-Arbeitsausfall CHF 3’320.00 netto pro Monat (entspricht 80 % von CHF 4’150.00). Ausserdem sind bis zur teilweisen Aufhebung der COVID-19-Verordnung «Arbeitslosenversicherung » per 31. August 2020 auch Personen anspruchsberechtigt, die in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder im Dienste einer Organisation für Temporärarbeit oder auf Abruf arbeiten, sofern letztere während mindestens sechs Monaten in der gleichen Unternehmung gearbeitet haben.

Ablauf der Beantragung von Kurzarbeit

In einem ersten Schritt bedarf es einer Voranmeldung von Kurzarbeit.
Seit dem 1. Juni 2020 gilt wieder eine Voranmeldefrist von 10 Tagen.
Für die Voranmeldung von Kurzarbeit aufgrund von behördlichen Massnahmen infolge Pandemie COVID-19 gibt es ein ausserordentliches Formular. Gemäss Informationen des SECO wird dieses bis Ende Dezember 2020 beibehalten (Stand Mitte August 2020, Änderungen vorbehalten).

Nach dem Einreichen erhält der Arbeitgeber einen Entscheid zur Voranmeldung.
Bei einem positiven Bericht kann die Kurzarbeitsentschädigung pro Abrechnungsperiode (i.d.R. pro Monat) beantragt und abgerechnet werden. Voraussetzung ist, dass der prozentuale Anteil der ausgefallenen Arbeitsstunden an der Summe der Sollstunden aller anspruchsberechtigen Arbeitnehmenden bei mindestens 10 % liegt. Hierbei gilt es zu beachten, dass dieses Formular innert drei Monaten nach Ablauf der Abrechnungsperiode bei der Arbeitslosenkasse eingereicht werden muss.

Ab September 2020 gelten wieder andere Regelungen. Es treten folgende
Änderungen in Kraft:

  • Einführung der Karenzfrist von einem Tag (durch den Arbeitgeber
    zu tragen, gilt bis am 31. Dezember 2021)
  • Die Höchstbezugsdauer beträgt bis am 31. Dezember 2021 ausnahmsweise
    18 Monate. Somit können Unternehmungen innerhalb
    von zwei Jahren maximal für 18 Monate die Kurzarbeitsentschädigung
    geltend machen.
  • Die maximale Bewilligungsdauer von Kurzarbeitsentschädigung
    beträgt wieder 3 Monate.

Wer für drei Monate die Bewilligung zur Abrechnung von Kurzarbeit bekommt und weiterhin wirtschaftlich bedingte Arbeitsausfälle erleiden wird, muss später erneut eine Voranmeldung bei der zuständigen Arbeitslosenversicherung einreichen. Bei Bewilligungen, die bereits vor Anfang September erteilt wurden, wird die Dauer auf drei Monate gekürzt. Bei einer erneuten Voranmeldung gilt es die Voranmeldefrist von 10 Tagen zu beachten.

Der Bundesrat hat am 12. August 2020 Änderungen der COVID-19 Verordnung «Arbeitslosenversicherung» bekanntgegeben. Werden diese vom Parlament angenommen, so wird das vereinfachte summarische
COVID-19-Verfahren bis zum 31. Dezember 2020 weitergeführt.
Die weiteren provisorischen Änderungen sind:

  • Arbeitsausfall > 85 %: Ab dem 1. September 2020 hat ein Betrieb wieder nur während maximal vier Abrechnungsperioden das Anrecht, Kurzarbeitsentschädigung für einen Arbeitsausfall von über 85 % zu beziehen. Die Abrechnungsperioden März bis August 2020 zählen nicht dazu.
  • Anspruch für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner: Ein Betrieb, der Kurzarbeit angemeldet hat, kann für die Zeit, die die Berufsbildnerinnen und Berufsbildner auch während der Kurzarbeit für die Ausbildung der Lernenden aufwenden, Kurzarbeitsentschädigung beantragen, obwohl kein eigentlicher Arbeitsausfall vorliegt.

Falls die Änderungen vom Parlament nicht angenommen werden sollten, so gilt ab September 2020 wiederum das Normalverfahren betreffend den Antrag und die Abrechnung. Folgende Formulare müssten für Abrechnungsperioden ab September ausgefüllt und eingereicht werden (voraussichtlich gilt ab Januar 2021 auf jeden Fall wieder das Normalverfahren):

  • Antrag auf Kurzarbeitsentschädigung
  • Abrechnung von Kurzarbeit
  • Rapport über die wirtschaftlich bedingten Ausfallstunden
  • Bescheinigung über Einkommen aus Zwischenbeschäftigung (optional)
  • Erhebungsbogen für die Ermittlung der saisonalen Ausfallstunden
    (optional)

Lohnfortzahlung bei Kurzarbeit und Quarantäne

Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitenden weiterhin den vollen Lohn oder lediglich die Kurzarbeitsentschädigung von 80 % (auf den ausgefallenen Arbeitsstunden) ausbezahlen. Die Beiträge an die Sozialversicherungen sind auf dem vollen (ursprünglichen) Lohn zu bezahlen. Durch das vereinfachte summarische COVID-19-Verfahren kann die Situation entstehen, dass die Unternehmung nicht genau den Betrag als Kurzarbeitsentschädigung erhält (sowohl zugunsten als auch zuungunsten des Arbeitgebers), der den Mitarbeitenden bezahlt wird. Der Bundesrat bevorzugte eine schnelle sowie administrativ einfache Auszahlung und nahm gewisse Unschärfen in Kauf. Zudem wurden gleichzeitig für eine gewisse Zeit andere Erleichterungen wie die Aufhebung der Voranmeldefrist und der Karenzfrist sowie die Ausweitung der anspruchsberechtigen Personen beschlossen.

Seit Anfang Juli 2020 gilt für Einreisende aus bestimmten Gebieten eine Quarantänepflicht von 10 Tagen. Wenn ein Arbeitnehmer in ein von den Behörden bezeichnetes Risikogebiet reist, so ist der Arbeitgeber während der Quarantänedauer nicht zur Lohnfortzahlung verpflichtet, ausser es handelt sich um eine angeordnete Geschäftsreise. Kann Homeoffice umgesetzt werden, so liegt keine Arbeitsverhinderung vor. Ein Arbeitsausfall aufgrund der Quarantäne ist für die Abrechnung der Kurzarbeitsentschädigung nicht zu berücksichtigen. Für eine Person, die in ein Gebiet reist, das erst nach der Abreise zu einem Risikogebiet erklärt wird, ist die Lohnfortzahlungspflicht rechtlich umstritten. Allenfalls kann gemäss Aussage des Bundesamtes für Justiz ein Antrag auf Corona-Erwerbsersatz gestellt werden (gilt vorläufig bis am 16. September 2020).

Corona Erwerbsersatzentschädigung

Aufgrund der besonderen Lage entstand die Anmeldung für die Corona Erwerbsersatzentschädigung der AHV. Diese wurde laufend an die aktuelle Lage angepasst. Zuerst war diese Entschädigung für Personen, die durch eine Quarantänemassnahme ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder für Eltern mit Kindern unter 12 Jahren, die durch den Wegfall der Fremdbetreuung ebenfalls ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen mussten, vorgesehen. Später wurde die Anspruchsberechtigung auf Selbständigerwerbende sowie freischaffende Künstlerinnen und Künstler erweitert, die direkt von den Massnahmen betroffen sind und deswegen einen Erwerbsausfall erleiden.

Das rückwirkende Anrecht auf eine Entschädigung für Selbständigerwerbende, die indirekt betroffen sind, wurde Mitte April 2020 erteilt. In der COVID-19-Verordnung «Erwerbsausfall» ist geregelt, wer anspruchsberechtigt ist. Nur wer aufgrund von bundesrätlichen Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus einen Erwerbsausfall hat und das massgebende Einkommen aus dem Jahr 2019 zwischen CHF 10’000 und CHF 90’000 liegt, hat Anspruch.

Ab dem Tag, an dem alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind (frühestens ab dem 17. März 2020), beginnt der Anspruch auf eine Erwerbsersatzentschädigung von 80 % des AHV-pflichtigen Einkommens, höchstens jedoch CHF 196.00 pro Tag. Bis am 16. September 2020 kann weiterhin für folgende Personen eine solche Entschädigung beantragt werden:

  • Personen in einer ärztlich oder behördlich angeordneten Quarantäne (ausser diese ist durch eine Rückkehr aus einem Risikogebiet, das bereits vor der Reise auf der Liste des Bundesamtes für Gesundheit BAG stand, begründet oder die Arbeit ist im Homeoffice möglich), höchstens für 10 Tage
  • Eltern, die eine Unmöglichkeit der Betreuung ihrer Kinder durch Dritte nachweisen können (grundsätzlicher Anspruch endete per 5. Juni 2020). 
  • Selbständigerwerbende, die infolge des Veranstaltungsverbotes einen Verdienstausfall erleiden oder indirekt von einer Erwerbseinbusse durch die behördlichen Massnahmen betroffen sind (inkl. freischaffende Künstlerinnen und Künstler), bis die Tätigkeit wieder uneingeschränkt und ohne Verdienstausfall aufgenommen werden kann.
  • Ab 1. Juni 2020 haben Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung in der Veranstaltungsbranche Anspruch auf eine Erwerbsersatzentschädigung, sofern das Erwerbseinkommen im Jahr 2019 zwischen CHF 10’000 und CHF 90’000 liegt.

Wichtig: Die Entschädigung wird nicht automatisch ausgerichtet. Die Entschädigung muss bis zum 16. September 2020 bei der zuständigen Ausgleichskasse beantragt werden. Das entsprechende Formular kann bei den Ausgleichskassen heruntergeladen werden.

Fazit

Werden die Änderungen der COVID-19-Verordnung «Arbeitslosenversicherung » vom 12. August 2020 durch das Parlament angenommen, so gilt bis Ende Jahr die vereinfachte Voranmeldung und das vereinfachte summarische COVID-19-Verfahren für die Abrechnung der Kurzarbeit. Voraussichtlich kommt ab Januar 2021 wieder das Normalverfahren zur Anwendung. Sollte das Parlament die Änderung der Verordnung ablehnen, so gilt bereits ab September 2020 das Normalverfahren. Die Corona Erwerbsersatzentschädigung endet am 16. September 2020. Für die Periode ab 17. September 2020 hat der Bundesrat noch keine Angaben gemacht (Stand Mitte August 2020, Änderungen vorbehalten).

Für die Beantwortung von Fragen zu den aktuell geltenden Verfahren und Formularen stehen Ihnen die Beraterinnen und Berater der T+R AG gerne zur Verfügung.

Autoren

Philipp Burri
dipl. Treuhandexperte

Ivo Joël Furer
Bachelor of Science BFH

Lesezeit: 20 Min
August 2020