Fahrzeugnutzung im grenzüberschreitenden Bereich

Regelmässig erhalten wir Anfragen zur geschäftlichen und privaten Nutzung von Fahrzeugen im grenzüberschreitenden Bereich CH–EU. Dies nehmen wir gerne zum Anlass, die geltenden zollrechtlichen Einschränkungen sowie die umsatzsteuerliche Änderung in der EU nachfolgend fallbezogen aufzuzeigen.

Zur Nutzung von ausländischen Personenwagen für geschäftliche Zwecke in der Schweiz

Fallbeispiel Zuzug aus der EU

Die X-AG in Bern hat per Juli 2021 zwei ausländische Fachspezialisten aus der EU (Frau A und Herrn B) für eine Festanstellung in der Schweiz gewinnen können. Beide Fachspezialisten mieten je eine kleine Wohnung in der Nähe des Arbeitsorts. Frau A verlegt ihren Wohnsitz in die Schweiz, Herr B kehrt wöchentlich an seinen Wohnsitz im grenznahen EU-Ausland zurück. Vorgängig zum Stellenantritt werden Sie von den beiden Fachspezialisten gefragt, ob diese jeweils ihre am EU-Wohnort immatrikulierten privaten Personenwagen für Kundenbesuche nutzen und die Auslagen hierfür gegenüber der X-AG abrechnen können. Was muss diesbezüglich aus zollrechtlicher Sicht beachtet werden?

Ob und zu welchem Zweck die Fachspezialisten ihr jeweiliges privates Fahrzeug in der Schweiz verwenden dürfen, hängt einerseits von dessen Zollstatus (in der Schweiz verzollt / unverzollt), andererseits aber auch von deren Wohnsitz (Inland / Ausland) ab. Folgende zollrechtlich relevanten Aspekte sind hierbei zu beachten – sie werden nur in wenigen Fällen durchbrochen:

  • Wer Wohnsitz in der Schweiz hat, darf grundsätzlich kein unverzolltes Fahrzeug im Inland für private und geschäftliche Fahrten verwenden.
  • Ein unverzolltes Fahrzeug darf grundsätzlich nicht für geschäftliche Fahrten im Inland für einen Schweizer Arbeitgeber verwendet werden.
  • Wird ein Personenwagen definitiv in die Schweiz importiert, werden die Zollabgaben (i.d.R. CHF 12 bis CHF 15 pro 100 Kg Leergewicht, sofern kein Ursprungsnachweis), die Automobilsteuer (4 % des Fahrzeugwerts), die Einfuhrsteuer (7.7 % des Fahrzeugwerts zzgl. Einfuhrabgaben) und evtl. (separat) eine CO2-Sanktion erhoben.

Nach dem Grundsatz “die Ausnahme bestätigt die Regel” ist die inländische Verwendung eines unverzollten Fahrzeugs nur in wenigen, strikt regulierten Fällen zulässig. Was bedeutet dies nun für die beiden Fachspezialisten im Fallbeispiel?

  • Sowohl Frau A als auch Herr B dürfen ihre jeweiligen Fahrzeuge vorliegend nicht formlos in die Schweiz einführen und hier verwenden.
  • Frau A verlegt ihren Wohnsitz in die Schweiz. Je nach Dauer der vorgängigen persönlichen Nutzung ihres Personenwagens kann Frau A ihr Fahrzeug u.U. abgabefrei als Übersiedlungsgut in die Schweiz einführen. Frau A könnte diesfalls das Fahrzeug im Inland anschliessend sowohl für private Fahrten als auch für geschäftliche Fahrten für die X-AG ohne zollrechtliche Einschränkungen nutzen.
  • Andernfalls müsste Frau A die Einfuhrabgaben grundsätzlich entrichten. Sie könnte jedoch noch prüfen, ob ggf. die Erteilung einer sog. Zollbewilligung 15.30 möglich und sinnvoll wäre. Hiermit dürfte Frau A ihren Personenwagen noch bis max. zwei Jahre nach der Wohnsitzverlegung unverzollt im Inland für private Fahrten benutzen. Die mit der Zollbewilligung verbundenen Einschränkungen, aber auch die Vorschriften und Modalitäten zur Fahrzeugimmatrikulation sollte Frau A jedoch vorgängig kennen.
  • Herr B hat seinen Wohnsitz weiterhin im Ausland. Als Wochenaufenthalter in der Schweiz kann Herr B in Betracht ziehen, die Zollbewilligung 15.30 zu beantragen. Hiermit dürfte Herr B das Fahrzeug unverzollt im Inland für private Fahrten benutzen, nicht aber für geschäftliche Fahrten für die X-AG. Allerdings muss auch Herr B mit dem kantonalen Strassenverkehrsamt klären, ob und wann er seinen Personenwagen immatrikulieren muss.

Handelt es sich bei den Fahrzeugen zudem um Leasingfahrzeuge, müssen Sie i.d.R. vorgängig weitere Fragen klären: ist bspw. eine Verwendung oder Immatrikulation im Inland unter dem Leasing-vertrag überhaupt zulässig? Kann die Einfuhr allenfalls durch die Leasinggesellschaft mit Rückforderung der Einfuhrsteuer erfolgen?

Zur privaten Nutzung von Schweizer Firmenfahrzeugen durch Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der EU

In der EU ist die EU-inländische Verwendung eines unverzollten Schweizer Firmenfahrzeugs durch Arbeitnehmer mit Wohnsitz in der EU zollrechtlich nur sehr beschränkt möglich (i.d.R. Arbeitsweg EU-CH) und für private Fahrten gänzlich unzulässig.

Die Möglichkeit, dass in der EU ansässige Arbeitnehmende ihr Firmenfahrzeug auch für den Arbeitsweg nutzen durften, führte für das Schweizer Unternehmen bislang u.U. zur umsatzsteuerlichen Registrierungspflicht im entsprechenden EU-Mitgliedstaat. Aufgrund der EU-Rechtsprechung (Januar 2021) darf davon ausgegangen werden, dass keine Registrierungspflicht besteht, wenn die private Nutzung durch den Arbeitnehmenden unentgeltlich erfolgt.

Fabienne Ryser
MAS FH in MWST